Me and myself |
Sonntag, 7. April 2002
0.1
thorsten
10:53h
Ein merkwürdiges Gefühl. Der Tag schaut einen aus dem Spiegel heraus an und man kann doch nicht sagen, was man da sieht. Ich habe eine anstrengend schöne Nacht hinter mir. Zuerst Kino, irgendwas Experimentelles, Stücke aus einzelnen Filmen nach dem Drehbuch eines unbekannten Filmemachers zusammengestellt, das ganze mit neuen Dialogen abgemischt und irgendwie eine ziemlich abgedrehte Musik dazu komponiert. Das alles in einem überfüllten Alternativkino mit engen Holzstühlen und billiger Bierbrause. Bier war das nämlich keines, und Radler auch nicht, eher irgendwas künstliches, aber egal. Irgendwann war das Filmchen aus, die Lichter gingen an, zumindest die, die funktionierten. Erstmal raus an die Luft, Kinos, in denen geraucht wird, entwickeln sich zu Erstickungskammern. Daher habe ich fleissig mitgeraucht, irgendwas muss man ja schliesslich atmen. Spät am Abend dann einen Freund in der Innenstadt getroffen. "Ey, Bock auf ne geile Studentenparty, nix Geld, much Fun". Hm, na also gut, Studentenfeten haben ja immer was recht witziges an sich, kenne es ja noch aus meiner Zeit. Wir kommen also dort an, ziemlich gammeliges Ambiente, Einrichtung und Menschen. Auf den Schrecken reisse ich mir ein Bier auf, setze an und mich hin. Die Musik blubbert auch nur aus den Boxen, wenig los. Für H. habe ich heute einige Texte aus dem Tagebau ausgedruckt, er wollte sie gerne einmal lesen. Ich mache ihm den Vorschlag, ist ja eh nicht viel los hier, ich lese sie ihm vor. Zweites Bier, erstes Blatt. H. hört gespannt zu. Ein fremdes Mädchen, dann noch ein Kerl, ziemlich abgerissen, setzen sich zu uns. Zuerst kichert die Göre, wie ich so lese, verschüttet dabei ihren Rotwein, dann aber beginnt sie zuzuhören. Immer mehr setzen sich dazu, ich bemerke es gar nicht. Lese, lese, lese. Ich lese über Tage, durchquere Wochen, reise durch Monate. Irgendwann bemerke ich, H. ist nicht mehr da. Ich frage einige der Anwesenden, einer sagt, der sei vorhin raus, falls ich den Typ mit dem Hawaihemd meine. Ich kann H.´s Hemden nicht leiden, konnte ich noch nie, nun aber bin ich froh, dass er eines anhand, wenigstens zum Wiederfinden taugen diese hässlichen Dinger also. Vor dem Haus sehe ich ihn. Auf die Frage, was denn los sei, sagte er nur, er hätte telefonieren wollen, drinnen sei es zu laut gewesen Außerdem habe sich seine Blase akut gemeldet. Ich finde es okay, er hätte auch lügen können. Nur, dass er in einen Briefkasten urinieren musste, finde ich zwar witzig, aber irgendwie nicht mehr seinem Alter entsprechend. Ich habe mit sowas, wenn ich getrunken habe, vor Jahren aufgehört. Sind sicherlich mittlerweile zwei oder drei Jahre, denke ich mir mal
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