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Me and myself
 
Sonntag, 7. April 2002
0.3

Dachte ich mir damals so einfach, das alles. Wir gingen wieder wie so oft an den Abenden durch die schlafende Stadt. Für Pascal war es nie leicht, seinen Kick für den Abend zu bekommen. Die Razzien in den Clubs hatten zugenommen, wie auch Pascal, in den Straßen verkauften sie nur das billige Zeux, das gestreckte Traummittel. Für billige Huren und Hardcores mochte es reichen, die nahmen eh jeden Scheiß, den sie auftreiben konnten, doch Pascal war Edelabhängiger. Er nahm wirklich nur beste Ware, aber ob es immer das Beste war, wer wusste das schon. Wie so viele Abende zuvor suchten wir nach Leben. Die Mauern standen kalt und dunkel um uns herum, nur in wenigen Fenstern brannte um diese Uhrzeit Licht. Entweder waren es in dieser Gegend Studenten, die in letzter Minute irgendwelche Arbeiten bis zum Morgen fertig haben mussten, oder Männer und Frauen, die nicht schlafen konnten und in den Nachthimmel sahen, vielleicht mochte ja ein Stern für sie da oben verglühen. Unter der Erde, in den Clubs, da pulsierte das Leben der Stadt bei Nacht. Pascal und ich hatten eine Vorliebe für unterirdische Clubs gefunden, eigenartig, während oben die ersten Reinigungsfahrzeuge fuhren, tanzten wir unter der Stadt.
Im Club war nicht viel los. An der Theke standen die, die noch niemanden abbekommen hatten, spendierten sich gegenseitig Drinks und fanden sich häßlich, auf den Toiletten trieben es die Schwulen miteinander, aber das waren eben die Vorzeigeschwulen, welche entweder kein Zuhause hatten, ich stellte mir vor, ein Mädchen auf einer öffentlichen Toilette zu vögeln, nein wohl nicht mein Fall, oder es waren die Schwulen, auf die zuhause eben die Frau oder der Partner wartete und die keine andere Möglichkeit sahen. In den Sofas lagen die Müden, die Abgetanzten, die Vollen, die Abgedrehten, eigentlich alle, die entweder zu wenig vom Einen oder zuviel vom Anderen hatten, das Mittelmaß, wie auch immer gestaltet, aber ideal in seiner Mischung, hatte wohl keiner von ihnen gefunden. Eigentlich hatte ich mir wirklich alles ganz einfach vorgestellt, aber komisch, immer wenn man diesen Gedanken hatte, kam es genau anders. Ich bestellte für Pascal und mich zwei Gin, Tonic konnte man sich an die Backe nähen, meinte Pascal, und im Bezug auf Drinks war Pascal Meister aller Klassen, ließ anschreiben, der Besitzer schrieb diese Rechnung wahrscheinlich ab, wir zahlten nie etwas, mochte daran liegen, dass Pascal immer etwas für ihn dabei hatte. Pascal züngelte mit einem Mädchen herum, mochte 5zehn sein die Kleine, ziemlich violette Haare, Tigertop und einen engen Mini, nackte Beine und wunderschöne Lederstiefel. Sah klasse aus. Und unschuldig. Pascal hatte, was er wollte. Ich ließ mich von der Musik treiben und landete schließlich auf einem der Sofas. Schaute der dort Sitzenden ein wenig beim Fummeln zu, trank meinen ersten Gin und war glücklich. Zwischendurch dachte ich an Anke, aber das war letzte Woche, wir lebten in einer Großstadt, durfte man sich nicht so binden. Der DJ legte langsame Basslines auf, mein Magen spürte den Gin, ich den Magen und so schlummerte ich langsam weg. Wir waren seit 2 Tagen unterwegs. Als ich aufwachte, lag Pascal in einer Ecke des Clubs, alles um uns herum war leer. Der Dj hatte auf Automatik gestellt, auf dem Tresen stand der Gin in einer Flasche, die Kleine lag mit dem Kopf auf meinem Schoß. Ich strich ihr durch ihr halblanges Haar und war glücklich. Pascal lag grotesk verkrümmt da, doch ich wollte die Kleine nicht wecken, schloß wieder meine Augen, schwer waren sie und schlief wieder ein. Es musste gegen zehn Uhr am Vormittag sein.

 
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