Me and myself |
Sonntag, 7. April 2002
0.6
thorsten
11:33h
Es ist mittlerweile 1Uhr4und5zig, sagt mir meine Uhr, Zeitgefühl habe ich in den Stunden (Tagen?) hier im Club leider verloren. Ich liege im WhiteCube, einem abgetrennten Raum, hier ziehen sich normal die Schneemänner und Frau Holles mit ihren Beutelchen zurück. Doch heute sind die Schnupfgeräusche nicht da, es wird ja an der Bar gepicknickt. Ich liege bequem in einem dieser 60er Sofas und habe die Beine auf dem kleinen Beistelltisch langgestreckt. Pascal hat Bedienungen organisiert. 5 Blondinnen mit eng geschnittenen Hosen und Glitzer- BHs laufen durch die Räume, alle haben sie rote Cowboyhüte auf, mit Glitzersteinchen. Auch die Wimpern sind mit roten Glitzern geschmückt, sie aus wie Weihnachten bei Woolworth´s. Eine von ihnen bringt mir noch einen Gin. So langsam bin ich hin und weg von dieser Nacht, den Nächten, diesem Marathon. Pascal steht im Türrahmen zum WhiteCubeRoom, die Kleine im Arm und grinst besoffen zu mir herüber. Dann schlendern sie Richtung Damentoilette. Verdammt, ich wollte doch nach Hause. Seine Hand fährt noch beim Laufen unter ihren Rock und streichelt ihren Arsch. Ich bin müde. Sie schmiegt sich ganz eng an ihn beim Gehen. Ich bin müde. An der Türe zur Damentoilette spielen ihre Zungen miteinander. Ich bin müde. Dann sehe ich sie nicht mehr. Ich bin müde. Aus den Boxen wummert der TopGun- Soundtrack in einer irrwitzigen Abmischung, ich nehme die ganze Flasche, die mir die Naturblonde gebracht hat und trinke einen großen Schluck. Dann gehe ich auf die Tanzfläche. Sonst schlafe ich wieder hier ein und das möchte ich nicht. Sind zu viele Fremde da. Neben mir tanzt Stefan. Wenigstens ihn kenne ich in der ganzen verrückten Menge hier. Stefan ist ein Schulfreund aus den vergangenen Jahren. Früher hat er ziemlich getrunken, weiß gar nicht, wie es heute ist. Habe ihn das letzte Mal, kurz zumindest, vor circa einem halben Jahr gesehen. Hätte ihn beinahe nicht wieder erkannt. Blondierte, aber seine Naturhaarfarbe schimmert durch das Nachwachsen schon wieder durch, Haare, die nach hinten gekämmt, sehr streng am Kopf anliegen, dazu einen 3Tage- Bart, er sieht mir heute nach H.E. Balder aus, seine schwarze Hose ist fleckig, dazu einen weißes T- Shirt, die Ärmel und der Kragen zackig mit einer scheinbar stumpfen Schere abgeschnitten, billige ausgelatschte Turnschuhe. Die Zigarette klebt am Mundwinkel. Er umarmt mich. Ein Wiedersehen, ich könnte widerstehen. Er sieht aus wie ein billiger Stricher, unangenehm. Dann ist er auch schon wieder in der Menge verschwunden. Wo Pascal nur bleibt, soll er doch den Rest zu Hause erledigen. Überlege mir den irrsinnigen Gedanken, ob er wohl keine Marmelade im Kühlschrank hat und daher die Kleine nicht mit nach Hause nehmen will, sondern lieber hier eine Toilettennummer abziehen will. Neuer Schluck, der Gin brennt den Hals hinunter, fühlt sich alles so wund an. Noch einen, dann werde ich auch mal zur Toilette gehen, alleine und mit einem bestimmten Grund. Die Musik ist genial, irgendwer hat sich, da Pascal weg ist, an die Turntables gestellt und mixt kräftig. Scherben knacken unter den Füßen, Gedanken tropfen aus den Poren, vermischt mit spontanem Schweiß. Die Blonde bringt mir wieder einen Gin, ich nehme ihn und will trinken, dann steckt sie ihren kleinen Finger der rechten Hand ins Glas und benetzt ihn. Vor meinen Augen schleckt sie ihn ab, grinst und tippt sich an ihren Cowboyhut. Ich lache und tanze weiter. Der neue Tag bricht bald an und kann nur Gutes bringen, denke ich mir.
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